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Cartobook schaut in die Zukunft

Wollen wir es wirklich wissen?

Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern“ soll André Malraux, der französische Schriftsteller, Filmregisseur und Politiker, gesagt haben. Nicht leicht, wenn die Nase zu tief im Buch der Geschichte steckt, weil man selbst Teil der Vergangenheit ist.

Ich beschäftige mich nicht mit dem, was getan worden ist. Mich interessiert, was getan werden muss“, kontert Marie Curie, Physikerin und Nobelpreisträgerin. Aber nur auf dem Papier. Denn als sie starb, war er ein relativ junger Mann und ist ihr vermutlich gar nicht begegnet.

Aber w a s muss getan werden? Und wann? Und mit welchen Konsequenzen? Wenn man das immer so genau wüsste. Kontrollfreaks oder Ungeduldige fackeln nicht lange und konsultieren jene, die es wissen muss: die Wahrsagerin. Offenkundig ein klassischer Frauenberuf, noch nicht von Männern erobert.

Eine uralte Tradition

Ob sie sich nun in schnöden Kaffeesatz versenkt oder in die gefurchte Handfläche, ob sie die polierte Kristallkugel bemüht oder die bewährten Tarot-Karten – alle unsere Hoffnungen auf eine glückliche Zukunft liegen in den Hände dieses durchaus irdischen Wesens mit übersinnlichen Kräften. Wir können schon froh sein, daß Madame nicht Eingeweide von Opfertieren deutet, wie im Orient 3000 Jahre vor Christi Geburt üblich.

Das beschreibt der Religionshistoriker Georges Minois in seinem Buch „Geschichte der Zukunft - Orakel, Prophezeiungen, Utopien, Prognosen“, das schon 1998 erschien und tief in die Historie eintaucht. Da ahnt der/die geneigte LeserIn, wie stark der Blick in die Zukunft in der Vergangenheit verankert ist.

 

Die Visionärin mit dem vielsagenden Blick

So viel steht fest: Je turbulenter die Zeiten, umso gefragter die hellseherischen Dienste. Altkanzler Adenauer soll es gewagt haben. Der persische Schah auch. Big Bosse sowieso. Von Stars gar nicht zu reden. Und selbst Politiker, von denen man so viel Gutgläubigkeit weiß Gott nicht erwarten würde, gehen oder gingen gelegentlich oder regelmäßig zur Wahrsagerin.

Eine der berühmtesten in der französischen Geschichte war Marie-Anne Lenormand oder auch Le Normand, genannt Mademoiselle Le Normand. Sie wurde 1772 in der heutigen Normandie geboren, wuchs in einer Klosterschule auf und soll dort schon die Absetzung der Äbtissin vorausgesagt haben. Als dies tatsächlich eintrat, schreibt Wikipedia, wurde sie der Schule verwiesen. Aber sie schien ihre Berufung entdeckt zu haben. Denn von da an machte sie Karriere als die Visionärin mit dem vielsagenden Blick in die Zukunft.

Ein riskanter Beruf

Allerdings bezahlte sie diese Gabe mehrmals mit einem Aufenthalt im Gefängnis – mal wegen Hochverrats, mal wegen Spionage. Dennoch hatte sie regen Zulauf aus allen Gesellschaftsschichten. Sogar die französische Kaiserin Josephine und Alexander I., Kaiser von Russland, sollen ihren Rat gesucht haben. Hier links sehen Sie die rätselhafte Innenfläche der linken Hand von Napoleon Bonaparte.

Mademoiselle Le Normand schrieb unermüdlich ein Werk nach dem anderen.

Aber die Orakel-Karten, die heute ihren Namen tragen und zum Wahrsagen benutzt werden, stammen aus späterer Zeit. Sie selbst bediente sich vermutlich eines Kartenspiels von J.-F. Alliette, genannt Etteilla.

Wahrheit? Oder Phantasie?

Schauen Sie mal in unsere Rubrik „Literatur“. Da finden sie den Band „Souvenirs de la Belgique“ von 1822 - natürlich auf Französisch. Darin schildert sie diese „hundert Tage im Unglück“, als sie im Gefängnis von Brüssel saß. Sie hat unseren Band sogar eigenhändig signiert.

3 Bände umfassen ihre „Mémoires historiques et secrets de l’Impératrice Joséphine, Marie-Rose Tascher-de-la-Pagerie, première épouse de Napoléon Bonaparte“, erschienen 1827. Darin berichtet sie von den geheimen Memoiren der Kaiserin Josephine. Wortreich, aber durchaus nicht wahrheitsgetreu. Ein großer Teil soll frei erfunden sein.

 

Wahrsage - ein Stichwort mit Folgen

Wenn Sie jetzt neugierig geworden sind auf Ihre ganz persönliche Zukunft, dann finden Sie unter dem Stichwort „Wahrsage“ in der Suchmaske spielerische Richtungsanzeiger für den Weg zur Erkenntnis. Ob das, was dabei raus kommt, der Wahrheit entspricht? Who knows? E i n Effekt von Horoskopen und Orakeln scheint unumstritten: Wichtiger als das, was sich tatsächlich einstellt, ist der Push-Effekt der Vorhersage, die Entscheidungshilfe, die Stärkung des Selbstvertrauens. Und so bastelt jeder höchstpersönlich mit an dem, was sich später als „Fügung“ oder „Zeichen des Himmels“ tarnt.

Partout keine Lust auf Spekulation? Dann halten Sie's mit Albert Einstein: „Ich denke niemals an die Zukunft. Sie kommt früh genug.“

 

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